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Welchen schicksalhaften Weg unsere Kirchenglocken in der vergangenen Zeit seit der Anschaffung gegangen sind, ist erstaunlich und zugleich nicht zu verstehen. Denn Glocken werden im Allgemeinen nicht nur für ein Jahrhundert gegossen, sondern durchaus auch für längere Zeiträume. Aber Kriege mit oft unsinniger Vorgehensweise und Gewalt kennen keine Grenzen, Geschaffenes zu zerstören.

Nach Errichtung unserer Pfarrkirche wurden im Jahr 1903 von der Fa. Petit und Edelbrock aus Genscher vier Bronzeglocken gegossen, und zwar in den Tönen Fis, A, H und Fis Oktav. Nachstehend wird aufgezeigt, welche technischen Daten diese Glocken hatten:

  • Glocke 1, 710 kg, Ton Fis.
  • Glocke 2, 410 kg, Ton A,
  • Glocke 3, 278 kg, Ton H.
  • Glocke 4, 74 kg, Ton Fis Oktav.

Alle vier Glocken waren geziert durch verschiedene Inschriften.

Während des Ersten Weltkrieges wurden die Glocken 1, 2 und 3 eingezogen und für Zwecke des Krieges eingeschmolzen. Nur eine Glocke rief die Gläubigen zur hl. Messe, zum Gebet und anderen, auch oft traurigen Anlässen.

Am 10. Juni 1920 hat die Kirche drei neue Bronzeglocken erhalten. Danach fand die Prüfung und Abnahme der neuen Bronzeglocken durch den Domvikar Cordes aus Paderborn statt. Noch größere Glocken waren angeschafft worden. Sie erhielten die gleichen Namen wie die vorhergehenden, nämlich Johannes, Maria und Josef.

Die Johannesglocke hatte ein F-Ton und wog 1014 kg. Die Marienglocke erhielt einen G-Ton und wog 732 kg. Und die Josefsglocke im A-Ton wog 511 kg. Die Inschriften wurden nicht geändert und entsprachen somit der der ersten Glocken, lediglich das Gusssdatum wurde auf 1920 geändert.

Im Jahr 1941, dem dritten Jahr des Zweiten Weltkrieges, ereilte die drei Glocken das gleiche Schicksal wie zuvor. Wieder ertönte nur das kleine Glöckchen, ganz gleich, zu welchem Anlass.

Auf der übernächsten Seite ist ein Auszug aus der Kirchenchronik wiedergegeben, auf der über die mühevolle Anschaffung der neuen Glocken berichtet wird.

Technische Daten der jetzigen Glockenanlage:

  • Glocke 1, “St. Johannes Baptist” Durchmesser: 1800 mm, Ton cis
  • Gewicht: 2450 kg, Klöppel: 224 kg, Zubehör: 520 kg.
  • Glocke 2, “St. Maria” Durchmesser: 1515 mm, Ton: e
  • Gewicht: 1470 kg, Klöppel: 126 kg, Zubehör: 327 kg.
  • Glocke 3, “St. Josef” Durchmesser: 1350 mm, Ton: fis
  • Gewicht: 1066 kg, Klöppel: 106 kg, Zubehör: 286 kg.
  • Glocke 4, “St. Vitus” Durchmesser: 1135 mm, Ton: a
  • Gewicht: 620 kg, Klöppel: 65 kg, Zubehör: 86 kg.

 

  • Gesamtgewicht der vier Glocken: 5606 kg.
  • Gesamtgewicht mit Klöppel und Zubehör: 7346 kg.
  • Gewicht des stählernen Glockenstuhls: 3500 kg.
  • Gesamtgewicht der Glockenanlage: 10846 kg.

Auszug aus der Kirchenchronik zur beschwerlichen Anschaffung der neuen Glocken:
“Mit frohem Herzen dürfen wir den folgenden Bericht über die Anschaffung der Kirchenglocken niederschreiben. Ist doch nun die traurige Zeit endlich vorüber, wo vom Turme unserer Kirche immer nur die eine kleine Glocke ertönte. Fürwahr, wir hatten ein schönes Geläute! Da aber unsere Glocken aus Bronze bestanden und dieses Material im Kriege zu Geschützen und Kanonen gebraucht wurde, so sind auch wir neben vielen anderen Kirchengemeinden im Jahre 1941 gezwungen worden, unsere Glocken bis auf eine abzugeben. Seit dieser Zeit ertönte immer dasselbe Glöckchen über unser Dorf hinweg, ganz gleich, ob es zu frohem Festgeläute oder aber aus einem traurigen Anlass seine Stimme erschallen ließ.

Als nun der Krieg zu Ende gegangen war und die Zeiten wieder ruhiger geworden waren, galt im Kirchenvorstand unsere erste Sorge unseren Glocken. Zunächst mussten wir feststellen, ob unsere im Jahre 1941 abmontierten Glocken auch wirklich eingeschmolzen waren. Eine genaue Erkundigung auf dem großen Glockenfriedhof in Lünen a. d. Lippe ergab aber die traurige Gewissheit, dass unsere Glocken nicht mehr vorhanden waren. Wir mussten daher mit Mut und Gottvertrauen die schwere Arbeit übernehmen, ein neues Geläute für unsere Gemeinde zu beschaffen.

Im Frühjahr des Jahres 1946 haben wir diese Arbeit begonnen. Wir wurden uns klar darüber, dass die neuen Glocken nicht wieder aus Bronze sein sollten, damit uns die Glocken nicht noch ein drittes Mal genommen würden. Von Fachleuten wurde uns bestätigt, dass die in neuem Verfahren hergestellten ´Stahlglocken im Klang nicht mehr von Bronzeglocken zu unterscheiden seien. Im Juni des Jahres 1946 wurden mit dem Bochumer Verein die ersten Verhandlungen aufgenommen und im Juni des selben Jahres die Herstellung eines Stahlguß Geläutes bestehend aus vier Glocken mit einem eisernen Glockenstuhl in Auftrag gegeben. Die Herstellungskosten sollten betragen 10.690 RM, wovon wir 7.000 RM als Vorauszahlung sofort an den Bochumer-Verein überwiesen.

Doch dann begann ein langer, hartnäckiger Kampf um die Beschaffung des notwendigen Materials für die Glocken. Nach dem verlorenen Kriege war in Deutschland alles sehr knapp geworden, so auch Eisen und Stahl. Zunächst versuchte der Bochumer-Verein für uns das Material zu beschaf­fen, doch ohne Erfolg. Dann wandten wir uns an das Landeswirtschafts­amt von Nordrhein-Westfalen, wurden von einer Dienststelle zur anderen verwiesen, wandten uns an den Landeshauptmann von Westfalen, flehten die Wiederaufbauzentrale für die Erzdiözese Paderborn um Hilfe an. Niemand aber konnte uns die notwendigen Eisenschecks besorgen.


Quelle: 100 Jahre Pfarrkirche 1903 – 2003

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